Blossom
“Spüre die Angst und den Schrecken,
der weht aus ihrem kalten Atem.
Lerne zu leben mit der Furcht,
die ihr leerer Blick in dir hochsteigen lässt.
denn wer nicht hört die Führerin,
muss lernen sie zu fühlen.“
Leise, so leise, dass man äußerst nahe an die Kätzin heran hätte müssen, um den Worten zu lauschen, hallte das Summen an den Wänden der engen Höhle wieder. Ein leichter Windhauch stahl sich in ihr Inneres und veranlasste die Anführerin dazu, ihre Nackenhaare zu Berge stehen zu lassen. Blossom fauchte – und wie sie fauchte. Nicht empört, aber dennoch belustigt, wie es manch anderer gelassen hingenommen hätte, dass die Natur ihm einen Streich spielte, sondern definitiv nicht amüsiert und kalt, nicht minder kalt wie die Brise, welche ihren Zorn auf sich gezogen hatte. Die Lächerlichkeit der Situation, die für einen Voyeur klar und deutlich ersichtlich gewesen wäre, war der Kätzin allerdings nicht bewusst, denn für sie war diese Wut und Ablehnung alltäglich – vor allem wenn sie sich in den Höhlen in der Dunkelheit aufhielt. Ihr konnte es im Prinzip auch egal sein, denn sie war die Anführerin – sie konnte tun und lassen was sie wollte, aber dennoch schlichen sich manchmal Schuldgefühle und lange zurückgedrängte Ängste in ihre sonst so strikt geordneten Gedanken, welche veranlassten, dass Blossom nur noch mehr darauf achtete nicht aus der Rolle zu tanzen. So gesehen war sie also eine gute Schauspielerin, aber immerhin war es doch ein Spiel, oder? Oh nein, für die Gescheckte war das kein Spiel. Tief in ihr schlummerte die Gute, die Verspielte, die leicht von etwas zu Begeisternde die sie in ihren allerjüngsten Tagen einmal war, doch an der Oberfläche war nichts Greifbares, mit Ausnahme der Leere die alles an ihr ausstrahlte. Ja, sie wirkte wie eine leere Hülle – ein Körper ohne Seele. Etwas war ihr genommen worden. Etwas, dass man nicht ersetzen konnte. Etwas, dass man ihr nicht wiedergeben konnte. Man konnte nur zusehen. Mit ihr leben, und überleben.